Rolf Schmitz

Geboren 1952 in Köln, bin ich seit über 50 Jahren in Sachen Gestaltung unterwegs – angefangen beim Packungsdesign über klassische Printproduktionen wie Broschüren und Anzeigen bis hin zu Messeständen. So unterschiedlich die Projekte auch sind, eines war und ist das oberste Credo: Klare, reduktive Wort-Bild-Sprache im Sinne des Produktes oder des Themas.

Seit über 36 Jahren lebe, arbeitete und wohne ich in München.
Als Partner und Teilhaber der F&H Werbeagentur GmbH/F&H Porter Novelli zeichnete ich in meiner aktiven Zeit bis August 2017 als Creative Director für die visuelle Linie der Agentur verantwortlich, Kernkompetenz: visuelle Konzeption.

A Day In The Life

Momente eines normalen Wochentages im Februar 2023, aufgenommen mit der Sofortbildkamera Instax von Fuji. Morgens noch etwas „indisponiert“, im Laufe des Tages motivierter und besser „drauf“.

Still alive – it’s magic!

Und es geschah im Herbst 2023: Die „Unsterblichen“ sorgen für „good vibrations“ für Fans der ersten Stunden – wie mich. Bei den Rolling Stones performen die drei Ur-Stones (wobei ich jetzt Ronnie Wood mal dazu zähle) – leider ohne Charlie – eine CD/Vinyl im Studio „in Präsenz“ zusammen und das rotzfrech in alter Form. Sehr erfreulich.

Was aber wirklich bei mir für ein nasses Tempo gesorgt hat, war die Reunion der Beatles. Richtig gelesen. KI macht’s möglich. Ein altes Tape, von John damals nach der Auflösung der Band in seinem NY-Penthouse eingesungen und auf der Gitarre geklimpert, wurde ein weiteres Mal aus der Schublade gekramt. Yoko Ono hatte das Tape mit der Beschriftung „Für Paul“ kurz nach Johns Ermordung an den Adressaten geschickt und dank dieser neuen Technik konnte diesmal – anders als vor ca. 10 Jahren – Johns Stimme glasklar rausgefiltert werden. Die beiden „Rest-Beatles“ Paul und Ringo riefen ein paar alte Freunde zusammen, okkupierten die legendären Apple-Studios, mieteten ein kleines Symphonie-Orchester und bauten einen kompletten Song um Johns Lyrics herum. Dazu bastelte Meister Peter Jackson (Lord of the Rings) ein wunderschönes Video  – fertig war die Reunion der Liverpool-Legende … und ein nostalgischer Trip in meine Jugend.

Die „Augenklappen“: Links „Hackney Diamonds“ von den Stones, rechts „Now and then“ von den Beatles

It’s magic. Love forever.

Aller Bilder Anfang

Zuerst kommen Idee plus Konzept (wenn sie denn kommen), dann muss das „ins Bild gerückt“ werden. Und dazu brauche ich meine Sketch-Books. Damals als Werbegeschenk der Firma Reger (als Reproanstalt und Fotostudio in München eine Institution, beim Einzug der Digitalisierung obsolet) zum Jahresende übergeben, sind sie ein wichtiger Helfer bei der Umsetzung dieser o.g. Ideen. Im Kleinformat – als Outline oder schon coloriert – erkenne ich, wie das fertige Werk mal aussehen könnte. Sicher ist aber auch, dass die „Bildwerdung“ ein Prozess darstellt, in dem alles immer wieder auf den Prüfstand kommt und geändert werden kann. Und meistens auch wird. Elemente werden im Format verschoben, Farben angepasst.

Und wenn’s überhaupt nicht der Vorstellung entspricht, wird die Leinwand nicht selten übermalt und das Konzept überdacht.

Wohin mit der Briefmarkensammlung

Schöne Motive aus aller Welt … uns so bunt. Meist aus der Natur – Tiere, Blumen, Landschaften. Aber wer bezeichnet sich in diesen Zeiten noch als Philatelist? Als Jugendlicher in den 50ger Jahren des vorigen Jahrhunderts (!) war sowas noch ein angesagtes Hobby. Wer kennt noch die Anmach-Plattitüde „Soll ich dir mal meine Briefmarkensammlung zeigen?“ Das funktioniert – wenn überhaupt – heute anders.

Also was tun mit den dicken Alben und ihren farbenfrohen Inhalten? Zumindest sorgt diese gewählte Form dazu, dass der/die Betrachter/in sehen kann, was seit der Sammelzeit damals vielleicht schon von unserer Erde verschwunden ist.

Das Vater-Tochter-Projekt

Ein schöner Weihnachtsgeschenk-Einfall von Emma: Vater und Tochter sollten jeweils ein Bild kreieren – Thema offen und individuell wählbar, der Termin musste noch gefunden werden. Anfang April 2021 war es dann soweit. Die Leinwände wurden in einem Lockdown-Gap besorgt, Farben und sonstige Materialien waren reichlich vorhanden … fehlten nur noch die Ideen. Nachdem eine Grundstruktur mit Hilfe der aktuellen Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung erstellt war, kam alles Weitere fast wie von selbst – bei beiden „Künstlern“.

Spannend war es dann, wie sich die Motive mit ähnlicher Struktur-Basis in völlig unterschiedliche Richtungen entwickelten. Nach einigen Stunden (insgesamt einem Tag) intensivem Work out war das „Doppelbild“ – welches aber eigentlich keines ist – fertig:  „Lâcher prise“ (bedeutet sinngemäß „Los lassen“) von der Tochter und „Polaroid on Black“ vom Papa. Mission accomplished und die Macher zufrieden.

Selbstporträts

Der Besuch der Kombi-Austellung von Maria Lassnig und Martin Kippenberger im Kunstbau des Münchener Lenbachhauses brachte mich auf die Idee, mal in mein Archiv zu schauen. Die Ausstellung präsentierte einige beeindruckende Selbst-Porträts der beiden. Und tatsächlich hatte ich mich ebenfalls ein paar Mal auf Papier, Karton und Leinwand verewigt. Leider nur in „jüngeren Jahren“, zuerst mit 16, zuletzt im Alter von 67 Jahren.

Martin Kippenberger gehört übrigens seit ca. 20 Jahren zur Riege meiner Favorites. Näher kennen gelernt habe ich seine Werke im Chelsea-Hotel im Belgischen Viertel von Köln. Er wohnte dort eine Weile und bezahlte seine Miete mit Bildern. Was lag näher, als diese Wertanlage (damals war’s noch keine) in den Zimmern zu installieren – sehr zur Freude der Kunstliebhaber aus aller Welt. Es war für mich immer ein besonderes High Light, dort einzuchecken – voller Spannung, mit welchem Werk in welchem Apartment ich einschlafen/aufwachen würde.

Concepts, Scribbles, Layouts

50 Jahre visueller und konzeptioneller Output – dokumentiert in schwarz-weiss, Farbe, auf DIN A4-Blättern und größeren Formaten – vieles davon für den Papierkorb. Leider. Manch ein Entwurf, für den ich mich als Gestalter begeisterte, konnte die kritische Hürde innerhalb des Teams nicht überwinden. Dennoch: die meisten Layouts schafften es bis zur Kunden-Präsentation und nicht wenige davon wurden auch realisiert.

Anzeigen, Broschüren, Salesfolder, Großflächenplakate, Poster, Displays, Messestände u.v.m. wurden in der Konzeptphase zuerst in Scribbleform zu Papier gebracht und danach mit AD-Markern farbig layoutet. Im „vorigen Jahrhundert“ passierte das alles noch komplett in Handarbeit. Alle Elemente wurden gezeichnet, geklebt und auf Präsentationskartons kaschiert. Mit der Zeit kamen technische Hilfsmittel wie Fotokopierer oder (Polaroid-) Kameras zum Einsatz, die Layouts wurden dank Computersoftware immer perfekter, ließen aber auch weniger Raum für Interpretationen zu.

Heute ist der Unterschied zwischen Layout und Print kaum noch erkennbar, selbst Copy-Texte sind oft ausformuliert. Die Beispiele oben zeigen, wie Ideen in Scribbleform Gestalt annahmen und noch nicht per Mausklick generiert wurden.

TWENs Electric Blues

Kurzer Flashback in die Zeiten von Adoleszenz, Vinylraritäten und des großen Grafik-Gurus Willi Fleckhaus. Dieser geniale Designer war maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Magazin TWEN in den 60/70 Jahren alle damals gängigen Zeitschriften-Layouts in die Tonne kickte und mit seinen Autoren/ Fotografen eine völlig neue Bilder- und Lesewelt schuf. Großformatige Motive, riesige Headlines … auch recht freizügige Akte – männliche wie weibliche … als junger Grafiker war das auch mein monatliches – ziemlich teures – „must have“.

Einige Ausgaben haben sämtliche Umzüge halbwegs unbeschadet überstanden. Ein Heft von 1970 wurde „gefleddert“ und bildet den Background für eine Pretiose aus dem TWEN-Universum. Irgendwann – den Verlag gab’s schon lange nicht mehr – fiel mir beim Stöbern in einem Kölner Antiquariat die TWEN Edition „Electric Blues“ in die Finger. Eine Blechdose im „Filmrollendosen-Design“ mit 3 LP-Vinyls von Chess Records, dem amerikanischen Blues-Label. Das Ding hat nach all den Jahren seine Bestimmung gefunden: als 3D-Motiv, eingerahmt von TWEN-Texten aus dieser Zeit.

Westermanns Rache

Passend zu den Layouts/Scribbles das „Handwerkszeug“ der Wahl dazu: ein AD-Marker-Sortiment – drehbar, alle Farbschattierungen griffbereit – das High End Tool der „Mad Men“ Zeit. Damals tagtäglich im Einsatz – später als die Macs mit den Creative-Programmen die Layout-Arbeit übernahmen – nur noch spärlich eingesetzt, habe ich dieses Kleinod gehütet wie einen Schatz. Und nun endlich auch dank eines Acyrl-Kubus konserviert, geschützt gegen Staub oder „Vandalismus“.

Warum also diese eigenartige Bezeichnung? Das kam so. Als junger Grafiker gehörte ich zum Kreativ-Team einer bekannten Kölner Werbeagentur in der Südstadt. Köln war in Sachen Werbung nicht der Nabel der deutschen Szene, sondern Düsseldorf. Als Kölner hat man bekanntlich eine besondere Beziehung zu dieser kleineren Ansiedlung rheinabwärts. Wie auch immer, eines Tages tauchte aus eben dieser Werbemetropole ein neuer Art Director auf – cool (den Ausdruck gab’s noch nicht), Minifahrer, Cowboystiefel, Slimfit BlueJeans, laut, arrogant, älter als ich – kurzum, ich war beeindruckt – jung, wie ich war. Er brachte Flair mit, aber eigentlich war’s vor allem heisse Luft. Das merkte ich allerdings erst später. Im Team wuppten wir tolle Präsentationen, oft bis in die frühen Morgenstunden – natürlich ohne Computerunterstützung. Es wurde gezeichnet, geschnitten und geklebt, diverse Kaltgetränke sorgten für teilweise ausgelassene Stimmung – es war eine geile Zeit.

Aber zurück zum Thema. Ich wechselte die Agentur, der besagte AD folgte mir etwas später. Als erste Handlung bestellte er dieses tolle AD-Drehteil. Er passte aber nicht so gut ins Team und blieb demzufolge nicht lange. Daraufhin übernahm ich die Patenschaft über dieses wichtige Werkzeug. Aber so perfekt, wie es aussah, war es nicht. Beim schnellen Drehen (kam bei engen Terminen oft vor) fielen meist die Stifte aus den Steckbehältern. Zeitaufwändiges Sortieren war die Folge und ab da machte nur noch die „Legende“ von „Westermann’s Rache“ die Runde.

Objects of Every-Day-Life

Langeweile, schnell mal eine kurze „Reise“ mit dem Smartphone durch das Arbeitszimmer, eine kleine Makrolinse auf das Objektiv gesteckt – und schon sind einige Alltagsdinge im Kasten. In der detaillierten Close-Einstellung oft eine spannende „Einsicht“.

… und dann war da die Sache mit der Mona Lisa …

Neulich las ich einen Beitrag über das teuerste Gemälde der Welt, dem „Salvator mundi“ – angeblich von Leonardo da Vinci gemalt, in Aufbau und Technik ähnlich der berühmten Mona Lisa. Von einem Wüstensohn für das Museum in Abu Dhabi gekauft, ist es seit dem irgendwie nicht mehr auffindbar. Sofort dachte ich an einen Flohmarkt-Spaßkauf vor vielen Jahren von einer Kopie der ML eines unbekannten „Meisters“. Natürlich nicht in bekannter Manier, sondern etwas frivoler. Das musste noch irgendwo sein. Ich fand’s dann auch in den Tiefen unseres Kellers, dazu einen schönen Goldrahmen. Das Format wurde noch ein bisschen „gepimpt“, also aufgehübscht – fertig war das „Super-Fake“. In Zeiten der „Fake-News“ ein passender Beitrag, oder?

… und dann noch aktuell das hier: beim letzten Paris-Stopp-over war Zeit für einen Ausflug in den Louvre. Im kleinen Bild unter der Mona Lisa ist im hinteren Bereich ein kleiner Teil der Nachmittagsschlange zu sehen, die ausschließlich von den Besuchern gebildet wird, die die ML sehen wollen. Um allen Kunstliebhabern (oder wahrscheinlich in Mehrheit Instagrammern) bei diesem Andrang einen Blick auf DaVincis (noch nicht mal bestes) Bild zu gewähren, hat jeder gefühlte 20 Sekunden Zeit, einen Blick darauf zu werfen und ein Foto zu schießen. Dann wird man von Servicepersonal und Nachrückern weitergeschoben. Mein Tipp: sich besser durch einige der unzähligen tollen Säle und Fluchten treiben lassen … ein Hochgenuss in der Mutter aller Museen.

Audio-Maschinen

Bilder. Schauen!

Über 45 Jahre unterwegs – und die Kamera immer griffbereit. Ob mit Kodak Instamatik, Polaroid, Pentax Spiegelreflex, Canon Ixus im APS-Format oder digital – auf Papier, Dia oder CD – alles optisch Interessante wurde gesehen und festgehalten. Banale Dinge, an denen man im Alltag oft achtlos vorübergeht, bekommen durch die Fokussierung durch den Sucher eine völlig andere Ästhetik. Dementsprechend verändert sich die visuelle Dramatik.

Alle Motive sind „Ready mades“. Gestaltet von Natur, Mensch, Zufall oder allen zusammen, liegen- oder stehengelassen und in diesem Zustand „verewigt“. Nichts wurde arrangiert, gestylt, manipuliert. Selbst die oft ärgerliche – bei den modernen Techniken automatische – Blitzfunktion kam selten zum Einsatz.

Dort, wo es nötig war – bei den älteren Dias fast immer – wurden die Motive digital gesäubert. Dank Photoshop keine Zauberei mehr, nur sehr aufwändig und zeitintensiv. Manche seriellen Konzeptreihen, wie die des Fischerbootfriedhofs auf der Crozon-Halbinsel in der Bretagne, habe ich im Hintergrund flächig nachbearbeitet und den Motiven damit einen artifiziellen Touch verpasst. Darüber hinaus wurde dort, wo es mir sinnvoll erschien, der Himmel im Hintergrund verstärkt.

Möglich, dass mir durch die spezielle Sicht der Dinge (der frühere Blick durch den Kamera-Sucher ist ein völlig anderer als der heutige auf das Display einer Digitalkamera) manche „Totalen“ entgangen sind. Aber gerade die Fokussierung fasziniert in ihrer Abstraktion noch lange nach dem Momentum der Aufnahme mehr als die „geheimnisfreie“ Gesamtansicht.

Street-Stills

Meine Ausflüge durch andere Welten dauern meist etwas länger und immer wieder werde ich von meinen Begleitern gefragt „… was fotografierst du denn jetzt schon wieder?“ Für Standard-Flanierer ist kein fotowertes Motiv erkennbar. Für mich allerdings schon. Eigenwillige Arrangements von Fensterläden, Blumenkästen, Strom- oder Wasserleitungen u.v.m. bilden perfekt kombinierte „Contemporary Art“. Jedes für sich ein starkes grafisches Statement. RS 2017.

Mäuse in der Falle

Wie so Vieles in der IT-Technik werden auch die einst so wichtigen Computer-Mäuse verzichtbarer. Leistungsfähige und hochsensible Touch-Pads, Drawing-Tabs u.ä. übernehmen immer perfekter diese Funktion.

Und so sammelten sich nach jedem Hardware-Update die jeweiligen knuffigen Helferlein – in meinem Fall in einer Acrylbox. Machen sie doch optisch nach wie vor eine gute Figur. Meine „Mouse-Trab“ ist ca. 40 x 40 x 40 cm groß und hat noch Raum für weitere Exemplare.

Anagramm für Wera

Das Alter feiert die Erinnerung(en) – das war bei Wera nicht anders und so ploppten auch bei ihr in ihren späten Jahren scheinbar längst Vergessenes oder auch Verdrängtes auf. Vieles oft gehört, blitzte mitunter immer mal wieder mir bis dato Unbekanntes auf. Das war spannend. Ihr beliebtester – und oft zitierter – Spruch lautete „Die Erinnerung ist oft schöner als der kümmerliche Augenblick“.

Als sie im Alter von 89 starb, wurde es Zeit, ihr ein visuelles „Denkmal“ zu setzen. Nichts passte da besser als dieser kleine Satz. Alle, die sie kannten, werden ihn immer mit ihr in Verbindung bringen.

Anagramm für Wera
Splitsreen, Format 9 x 40 x 40cm, Canvas Deep Edge
RS 07.2014

Die „Cimetière de Bateaux“ der Bretagne

Eines hat mich – bei inzwischen 9 Reisen nach „Breize“ – immer wieder aufs Neue fasziniert: die vielen Schiffswracks, die an der unendlich langen bretonischen Küste überall zu finden sind. Gesammelt auf den „Cimetière“ oder vereinzelt, oft fast unsichtbar, am Ufer. Besonders reizvoll ist dabei der Wechsel der Gezeiten – im Norden stärker als im Süden – der aus lieblichen Küstenstreifen Mondlandschaften macht, in denen die Schiffe/Boote dann unbrauchbar auf dem Trockenen liegen.

Zwei sehenswerte Beispiele, beide auf der bizarr-schönen Crozon Halbinsel: Camaret und St. Drieux gegenüber der Reede von Brest. Während im bekannten Badeort Camaret die Wracks seit vielen Jahren „gepflegt“ und so erhalten werden, dass sie als Touristen-Attraktion eine fotogene Kulisse im Hafen bilden, verrotten die Schiffe in St. Drieux abseits aller Ausflugsrouten unbemerkt vor sich hin. Ohne den Tipp unseres Guite-Vermieters Christoph hätten wir diese versteckte Location weder gekannt noch gefunden. Keine Ufer-Promenade, keine Cafés, keine (anderen) Touristen – nur wir 3 und ein paar Angler, die auf der Suche nach den begehrten Sandwürmern den kompletten Ebbe-Strand „umpflügten“. Und natürlich die vielen ehemals stolzen Fischerboote und Segeljachten oder Hochseeschlepper, die kreuz & quer in der Bucht herumlagen. Ein Fest für Fotograf und Kamera.

Grafische „Fingerübungen“ im Adobe Illustrator

Kleine Fluchten

… und das kam so: weisse Leinwand, Künstler davor – bereit, etwas zu „erschaffen“. Es sollte fröhlich-farbig werden, besser also vorher den Overall überziehen. Allerdings lag der in der hintersten Schrankecke und war längere Zeit nicht zum Einsatz gekommen. Trotz erster Bedenken unternahm ich den Versuch eines „Einstiegs“. Vergeblich. Das Ding wollte nicht über die Hüfte. Hatten gutes Essen&Trinken in Kombination mit zu wenig Bewegung etwa Spuren hinterlassen? Musste wohl. Was tun?

Ohne lange zu überlegen, nagelte ich das – nun ziemlich nutzlose – Teil auf die noch unberührte Leinwand, packte satte Farben dazu, verfeinerte das Ganze mit ein paar passenden Utensilien, setzte meine Signatur drunter und fertig war die Frustbewältigung.

The Escape.
Format 100 x 100 cm, Canvas Deep Edge, Collage, Acryl, Mischfarben
RS 2008

„Little Treasures“

… so die Bezeichnung für das Projekt, bei dem Kisten, Kästen, Schatullen und Schubladen herausgenommen, ausgeleert, die Inhalte geordnet arrangiert und schließlich fotografiert wurden. Resultat ist eine Serie von 15 Stills mit über die Jahre gesammelten Gegenständen, die meist scheinbar thematisch nichts miteinander gemein haben, aber doch irgendwie zusammengehören – zumindest für den Sammler. Die Gegenstände: banal, skuril, unnütz, vergessen, irgendwo gefunden – fast jeder hat wahrscheinlich solche „Kramkisten“ in den hintersten Ecken und Schubladen seiner „Behausung“, die auf Wiederentdeckung und Beachtung warten, sei es auch nur für einen kurzen Moment. Dann bleiben sie (meistens) da, wo sie sind oder werden entsorgt.

Meine „kleinen Schätze“ sind in ihren Behältnissen geblieben, vielleicht etwas durcheinander gewirbelt worden, aber nach wie vor existent. Auspacken werde ich sie so schnell nicht mehr.

The Sound of my Life

Wie bei der Fotografie änderte sich auch im audiophonen Bereich die Transfertechnik und die Tonträger wurden digitalisiert. Kein Grund für mich als Sammler/Bewahrer, meine üppige Vinylsammlung mit herrlichen, großformatigen Covern und Texten, die noch ohne Lupe lesbar sind, aufzulösen. Auch wenn ich nur noch hin und wieder eine der knisternden, erinnerungsbeladenen schwarzen Scheiben auf den Plattenteller lege, gehören die ca. drei Meter Regal fest zum Ambiente. Musik gehört zum Leben – früher wie heute – und demzufolge ist sie untrennbar mit vielen Erfahrungen/Erlebnissen verbunden. Grund genug, alle Cover mal zu einem großen Splitscreen zusammenzuführen.

Müßig zu erwähnen, dass viele (wenn nicht die meisten) LP’s ebenfalls als CD-Version vorliegen (zum Blättern und lesen nimmt man dann möglichst das Original) und natürlich auf dem iPod – Mobilität muss sein.

Wie auch immer: Auf meinem visuellen „Sound of Life“ ist das Wesentliche auf einen Blick erkennbar.

Every Picture tells a Story

Um meiner Passion für die Unikat-Fotografie ein kleines „Denkmal“ zu setzen, habe ich meine Polaroid-Kiste geplündert und die Auswahl vieler Jahre kollagiert. Dazu gehören private Schnappschüsse, aber auch jede Menge sog. Stand-Shots aus den Zeiten, als Layouts noch gescribbelt oder gerendert wurden. Computer gab’s ausschließlich in der Industrie, Grafikprogramme waren noch nicht erfunden, Bild-Stocks wurden über Kataloge verteilt und bevor Sujets für die Werbe-Kampagnen fotografiert wurden, mussten sie aus Kostengründen in den meisten Fällen gelayoutet werden. Um nicht alles Freihand zeichnen zu müssen, wurden die Szenen kurzerhand mit Kollegen nachgestellt und mit der Polaroid Land, später der SX 70 geshootet. Wenige Minuten später hatte man dann eine brauchbare Scribble-Vorlage. Heute clickt man irgendeine der zahlreichen Suchmaschinen an (oder direkt die Fotostocks), zieht sich das gewünschte Image ins Layout. Per Photoshop wird es noch bearbeitet, composed, umgefärbt – fertig ist das Sujet. Aber leider auch wenig interpretierbar. Das Bild steht fest, entweder es gefällt oder nicht. Bei den gescribbelten Layouts war bei der späteren Fotoproduktion noch alles möglich, um das Resultat unikat zu machen. Tempi passati. Die digitalen Zeiten sind nicht mehr anzuhalten. Polaroid und die meisten Hersteller analoger Techniken sind vom Markt verschwunden, Kodak kämpft seit Jahren ums Überleben.

Trotzdem gibt es eine immer größer werdende Anzahl von Analog-Fans, die den „digitalen Schrott“ ablehnen und zur Unikat-Fotografie zurückkehren – ähnlich den Vinyl-Liebhabern, die dafür sorgen, dass wieder schwarze Scheiben für den Plattenteller gepresst werden.

The Choice

… und es geschah im Jahre 2010 … gute Geschichten fangen meist so oder so ähnlich an – und das hier ist eine. Als ich in urlaubstimmungsvoller und dementsprechend relaxter Umgebung auf Lanzarote gefragt wurde, was ich von einer Heirat halten würde, war meine Überraschung groß, meine Reaktion altersentsprechend erfreut verhalten.

Zurück in München, musste das erstmal irgendwie auf Papier, Leinwand, Karton – was auch immer – verarbeitet werden. Und so entstand „The Choice“, ein Mash up von Ja’s und Nein’s, zusammengefügt zu einem großen Rechteck.

Natürlich gab’s mehr Ja’s als Nein’s, was aber erstmal durch sofortiges Durchzählen von Frau&Tochter festgestellt werden musste. Eine Entscheidung stand auch niemals wirklich zur „Wahl“, sie (die Positive) war lange vorher gefallen.

The Choice – Ja – Nein
Format 120 x 130 cm, Karton, Collage, diverse Techniken
RS 02.2011

Stumme Verkäufer

Egal, in welchem Land und welcher Stadt man unterwegs ist – aus allen Schaufenstern der lokalen Outlets lächeln „Schaufenster-Puppen“ den Käufer an. Meist freundlich, seit einiger Zeit aber immer öfter auch etwas blasiert oder arrogant –  Ausdruck der angesagten Coolness. Je nach Region lächeln die Puppen unterschiedlich, auf Korsika anders als zum Beispiel in London, am Lago di Garda oder in San Francisco.

RS 01.2021

Emma’s Wiesn Souvenirs

10 Jahre lang flogen während oder kurz nach dem Münchener Oktoberfest diese knallbunten Fantasiegeschöpfe durch Emma’s Zimmer. Teuer, aber relativ kurzlebig, schrumpften sie nach einigen Tagen leblos in sich zusammen und hätten dann normalerweise entsorgt werden müssen. Heliumgefüllt, mussten sie umweltpolitisch korrekt vielleicht sogar in den Sondermüll. Wie auch immer – Grund genug, über ein artifizielles Recycling nachzudenken. Und so entstand die Wiesn-Souvenir-Reihe. Konzept war, diese am Anfang äusserst flüchtigen Fluggeräte (nicht umsonst werden sie den Kindern am Handgelenk festgebunden) „einzufangen, festzuhalten, nicht loszulassen, einzusperren“. Die Nemos, Mickey Mäuse, Flipper u.ä. wurden dementsprechend festgeklebt und „eingeschnürt“, bekamen aber zumindest ein artengerechtes Umfeld. Die Formate waren dabei so unterschiedlich wie die Exponate selbst, ein Delphin brauchte mehr Freiraum als ein Marienkäfer.

Die Serie ist beendet. Nach der Oktoberfestwiesn 2015 verloren die bunten Flugkörper ihre Faszination.

Pas des Deux

1978 – die Urlaubsmobile der Wahl bei den 18-28jährigen waren in dieser Zeit Reisebusse, Interrail oder – für heutige Verhältnisse – winzige, komfortfreie Autos wie der VW-Käfer. Hauptsache 4 Räder, relativ geringer Spritverbrauch, kaum reparaturanfällig und Platz für Beifahrer/in, Zelt, Gitarre und ein paar Wechselklamotten. Die Autobahnen waren ausschließlich 2spurig, die Raststätten Sanifair-frei und die Fahrgeschwindigkeit moderat. Spanien – die Mittelmeerküste von Rosas im Norden direkt hinter der Grenze bis runter nach Algeciras gegenüber von Gibraltar – war mit seinen breiten Stränden und den gigantischen Discotheken das Urlaubsziel.

Wir starteten in Köln, fuhren bis zur völligen Übermüdung bis kurz vor die französische Mittelmeerküste bei Sète, parkten den blauen Käfer in stockdunkler Nacht am Straßenrand und schliefen erschöpft auf unseren Sitzen ein.

Kaum hatte ich am nächsten Morgen die Augen auf, fiel mein Blick auf eine Abbruchhütte, keine 10 Meter entfernt – die noch stehende Wand bedeckt von Fragmenten eines großen Plakats des Zirkus Pinder. Damals tourten sehr viele dieser Familienunternehmen durch Frankreich und tatsächlich trifft man sie bis heute in den Touristenorten an den Küsten immer noch an.

Der Plakatrest hatte sich bereits zu großen Teilen von der Wand gelöst und mein Entschluss stand sofort fest: dieses wunderschöne Exemplar „handgemachter“ Grafik musste noch mit – trotz begrenztem Stauraum. Wir fuhren weiter bis zur Lagune bei Port Leucate, putzten uns die Zähne mit Salzwasser (!) und nahmen unser erstes Bad im Mittelmeer. Spanien war nicht mehr weit.

Nachdem das „Souvenir“ jahrelang im Originalzustand an Wände diverser Wohnungen „gepinnt“ wurde, habe ich es 1999 endlich „veredelt“ und als Splitscreen in 9 Rahmen aufgeteilt.

Pas des Deux – Port Leucate ’78
Format Splitscreen 9 x 50 x 60 cm (Format gesamt 150 x 180 cm),
Print-Kollage, Alurahmen
Künstler unbekannt, RS 07.1999